Rund 1.200 Besucher beim 24. Int. Bremer Symposium zum Film zum Thema "Familien-Bilder"

Vom 8. bis 12. Mai 2019 befasste sich das 24. Int. Bremer Symposium zum Film im Bremer Kommunalkino CITY 46 ausgiebig mit „Familien-Bildern: Lebensgemeinschaften und Kino“. Was und wie historische und zeitgenössische Filme von dem gesellschaftlichen Konstrukt Familie erzählen, bot über die fünf Tage Diskussionsstoff in den Vorträgen und Filmen. Ziel war, insbesondere jüngere Umgangsweisen und Darstellungen in diesen und weiteren Bedeutungszusammenhängen zu analysieren und zu diskutieren. Die Veranstalter - Universität Bremen und CITY 46 / Kommunalkino Bremen e.V. - zählten über die 18 Programmpunkte hinweg über 1170 BesucherInnen und verzeichneten damit einen leichten Aufwärtstrend zum Vorjahr.

Die Verzahnung von wissenschaftlichen und filmästhetischen Beiträgen im Kino als Veranstaltungsort leiste außergewöhnliche Kulturarbeit und ermögliche durch die Konferenz einen vielseitigen Austausch zwischen Kino- und Fachpublikum, lobten die Gäste. Ebenso wurde die Gelegenheit sehr gut angenommen, die Filme zu den Vorträgen in voller Länge auf der großen Leinwand sehen zu können - deutschlandweit einzigartig.

20 internationale Gäste aus der Filmpraxis, Musik, Wissenschaft und Archiven, u.a. aus London, Wien, Washington, Cambridge, Berlin und Zürich, trugen zu einem regen und inspirierenden Austausch bei. Daniela Berghahn (London) stellte im Eröffnungsvortrag die Relevanz von Filmportraits diasporischer Familien für die westliche Gesellschaft hervor und verdeutlichte ihre Ausführungen u.a. an der Culture Clash-Komödie ALMANYA - WILLKOMMEN IN DEUTSCHLAND.

Im zweiten Hauptvortrag fragte Annette Brauerhoch vom „Archiv für den bundesdeutschen Experimental- und Avantgardefilm von Frauen“ (Universität Paderborn) anhand des neu restaurierten Dokumentarfilms ETWAS TUT WEH von Recha Jungmann nach den Räumen, in denen sich Familie abspielt. Wie trägt z.B. deren Erinnerung zur Vorstellung von Familie bei?

Bezüge zum Behagen und Unbehagen von Familie in der Video- und Medienkunst stellte Elena Zanichelli (Bremen) in einem kuratierten Kurzfilmprogramm mit Raritäten und Frühwerken aus sieben Jahrzehnten vor. Ein besonderes Highlight für das Bremer Publikum waren die wieder entdeckten Familienfilme aus der Jugend des ehemaligen Bremer Professors Ivan Illich. Die Wiener Historiker Michael Loebenstein vom Österreichischen Filmmuseum und Ingo Zechner vom Boltzmann Institute for Digital History präsentierten das Archivmaterial erstmals der Öffentlichkeit. Die Filme wurden von Illichs Nichte Yvonne Illich, die aus Boston angereist war, kommentiert und zusammen mit Lindsay Zarwell vom US Holocaust Memorial Museum (Washington) und Michaela Scharf (Wien) diskutiert, die die Filme historisch aufarbeiten.

In drei Foren gaben elf Kurzvorträge darüber hinaus Einblicke in verschiedene Ansätze zur kritischen Erschließung des Verhältnisses von Lebensgemeinschaft und Film. Die Schwerpunkte lagen dabei auf Produktionsfamilien, Kindern im Film, Home Movies als mediale Konstruktionen von Familie sowie dem Einfluss nationaler Identitätsregimes auf die Familienkonstitution.

Das Programm wurde abgerundet durch ein Publikumsgespräch mit der Regisseurin Sandra Wollner (Berlin), deren Film DAS UNMÖGLICHE BILD (2016) das Verhältnis von Amateurfilm-Ästhetik und Erinnerung von Familie auslotet. Einen weiteren Höhepunkt des Filmsymposiums stellte der schwedische Stummfilm WEIBLICHE JUNGGESELLEN (1923) über vier Büroangestellte und deren ungewöhnlich modern anmutenden Herausforderungen in einer von Männern dominierten Welt dar. Der Film wurde vom Bremer Producer und DJ RØD live vertont.

Das Internationale Bremer Symposium zum Film wird seit über 20 Jahren erfolgreich in Kooperation des CITY 46 / Kommunalkino Bremen e.V. und der Universität Bremen veranstaltet. Weitere Kooperationspartner waren in diesem Jahr das US Holocaust Memorial Museum, das Österreichische Filmmuseum, das Ludwig Boltzmann Institute for Digital History und das von der EU geförderte Horizon 2020-Projekt „Visual History of the Holocaust“. Seit 2002 unterstützt die nordmedia - Film- und Mediengesellschaft Niedersachsen/Bremen mbH das Projekt. Zum nächstjährigen Jubiläum Anfang Mai 2020 wird das Filmsymposium das Verhältnis von psychischer Erkrankung und Film thematisieren.

Fotos: Steven Keller

Weitere Informationen:  www.city46.de/symposium