Wie Geschichten laufen lernen

von der Literaturvorlage zum fertigen Film

A. Erkau, M. Eckelt, G. Gricksch, R. Christians,              J. Coldewey (v.l.)
A. Erkau, M. Eckelt, G. Gricksch, R. Christians, J. Coldewey (v.l.)

Beim nordmedia-Talk Bremen am 20.11.2012 erfuhren die Gäste am Beispiel zwei ganz unterschiedlicher Produktionen, wie der Weg von der literarischen Vorlage zum fertigen Film ablaufen kann: Riva Film aus Hamburg stellte ihren Kinospielfilm DAS LEBEN IST NICHTS FÜR FEIGLINGE und Molten Rock Media aus Bremen die TV Serie JACK TAYLOR vor.

Produzent Michael Eckelt, Regisseur André Erkau aus Bremen und Drehbuchautor Gernot Gricksch präsentierten DAS LEBEN IST NICHTS FÜR FEIGLINGE, dessen literarische Vorlage ebenfalls von Gernot Gricksch stammt. Alle drei berichteten über die konstruktive und intensive Zusammenarbeit in den verschiedenen Entwicklungsphasen und aus ihrer jeweils ganz eigenen Sichtweise auf diese "heitere Geschichte über den Tod", erzählten von der unterschiedlichen Herangehensweise im Umgang mit der Stoffvorlage in einzelnen Produktionsphasen aus ihrer jeweiligen Funktion heraus und zeigten die zugehörigen Ausschnitte der beschriebenen Adaptionen.

André Erkau, Michael Eckelt, Gernot Gricksch
André Erkau, Michael Eckelt, Gernot Gricksch

Die Anpassung der Geschichte für die Leinwand wurde auf mehreren Ebenen umgesetzt - in der 'Übersetzung' der Vorlage ins Drehbuch durch den Autor ebenso wie in der Realisierung des Drehbuchs am Drehort durch den Regisseur. So wurde der Aufbau der Erzählstruktur mit ursprünglich vier Hauptcharakteren reduziert - um den anderen genug Raum für ihre Entwicklung geben zu können. Auf Nebenfiguren der Vorlage wurde ganz verzichtet, während aus dramaturgischen Gründen neue hinzugefügt wurden, um bspw. die eher inaktive und depressive Figur des Vaters (gespielt von Wotan Wilke Möhring) anschaulicher zu charakterisieren. Die Umsetzung der Gedanken von Tochter Kim (dargestellt von Helen Woigk) über von ihr selbst im Voice Over gelesenen SMS an ihre tote Mutter schließlich erlaubt es dem Zuschauer in entscheidenden Momenten, Kim‘s Beweggründe näherzubringen, ohne eine Erzählstimme über den ganzen Film einsetzen zu müssen.
Im Schnitt - von Produzent Michael Eckelt als dritter Schritt der Übersetzung im Prozess der Adaption bezeichnet - wurde die Geschichte noch einmal stark verändert und insbesondere in komischen Elementen gekürzt, die im Buch und beim Dreh tadellos funktioniert hatten - doch im geschnittenen Film plötzlich unpassend wirkten. ?Am Ende bahnte sich der Film seinen eigenen Weg und erzählt die Geschichte von Vater und Tochter." (Produzent Michael Eckelt)

Der Kinostart von DAS LEBEN IST NICHTS FÜR FEIGLINGE ist für Frühjahr 2013 geplant.

Ralph Christians, Jochen Coldewey
Ralph Christians, Jochen Coldewey

Als zweites Projekt präsentierte Ralph Christians, Produzent der Molten Rock Media aus Bremen, die internationale TV-Serie JACK TAYLOR, die in Irland und Bremen gedreht wurde und im Frühjahr 2013 im deutschen Fernsehen ausgestrahlt werden wird.

Bezug nehmend auf die 10 Romane umfassende literarische Vorlage des irischen Autors Ken Bruens betonte Ralph Christians die für jede Adaption relevante Problematik des Rechteerwerbs an Originalstoffen, für den man insbesondere im internationalen Umfeld und für englischsprachige Stoffe oft im direkten Wettbewerb mit Größen wie Sony US u.a. steht. Bei JACK TAYLOR war Molten Rock schließlich über das Packaging mit Cast und Regie sowie einen deutschen Verleger im Bieterstreit erfolgreich und konnte sich alle Rechte in der Bearbeitung, Entwicklung und Weiterführung der vorhandenen Charaktere sichern - die rechtliche Grundlage, um den Stoff unabhängig vom Einverständnis des Autors oder Verlages in jeder Hinsicht zu bearbeiten, zu verändern und selbst weiterzuentwickeln. So konnte schließlich für die ersten 5 fertig produzierten Folgen von JACK TAYLOR in das Erzählgerüst der Vorlage eingegriffen und Teile verschiedener Romane in den Episoden miteinander vermischt werden: die Figur des 'Cody', die in der Romanvorlage erst später erscheint, wird in der Verfilmung schon im zweiten Teil etabliert, eine andere - ‚Kate‘ - in ihrem persönlichen Hintergrund von der Vorlage abweichend angelegt. Diese Figuren ermöglichen durch ihre Interaktion mit Jack Taylor (Iain Glen) eine deutliche Charakterisierung seines Denkens und seiner Beweggründe - und sind damit unverzichtbar für die Adaption einer Romanvorlage für Bildschirm oder Leinwand.

Zum Abschluss des Gesprächs diskutierten Michael Eckelt und Ralph Christians die Vor- und Nachteile verschiedener Konzepte und Verwertungsstrategien in Kino und TV sowie für den nationalen und internationalen Markt, und Jochen Coldewey verabschiedete die Gäste in das anschließende Get-together und individuelle Diskussionsrunden und Gespräche im Restaurant Weserhaus.