Aus Worpswede auf die Leinwand - das war der talk & stream Bremen 2020

Ausschnitt aus dem Film HEINRICH VOGELER mit Florian Lukas (l.)
Ausschnitt aus dem Film HEINRICH VOGELER mit Florian Lukas (l.)

„Dass dieser in Bremen geborene Jugendstilkünstler solch einen Wandel durchgemacht hat, ist wirklich ein Faszinosum und überhaupt nicht in Worten zu erklären“. Mit diesen Worten endet Beate C. Arnolds kurzer Blick in Heinrich Vogelers Leben zu Beginn des talk & stream Bremen am 22. September 2020. Worte, die einen Eindruck davon geben, wie das Leben des Künstlers auch heute noch wirkt. Heinrich Vogelers Leben ist nur schwer zu greifen oder zu erklären. Seit seiner Geburt 1872 in Bremen bis zu seinem Tod in der Verbannung in Kasachstan 1942, war es gezeichnet von Höhen und Tiefen, einzigartig und an Vielseitigkeit kaum zu übertreffen. 

Fest steht, dass seine Lebensgeschichte eine Faszination auslöst. Eine Faszination für Kunst, für Geschichte, aber auch für plötzliche Sinneswandel und Umbrüche. Drehbuchautorin und Regisseurin Marie Noëlle teilt diese Faszination. Für sie ist schon lange klar, dass die Geschichte von HEINRICH VOGELER auf die Leinwand gehört. Im nordmedia-geförderten gleichnamigen Dokudrama, das unter widrigen Umständen während der Corona-Zeit gedreht wurde und sich nun im Schnitt befindet, wird dies Realität. 

Beate C. Arnold, Heinrich-Vogeler-Museum Worpswede
Beate C. Arnold, Heinrich-Vogeler-Museum Worpswede

Genau weil das Leben des Jugendstilkünstlers so vielseitig und schwer zu greifen ist, sind der Austausch und die Auseinandersetzung so interessant. Im talk & stream Bremen 2020 stellte sich Marie Noëlle zusammen mit der Vogeler-Expertin Beate C. Arnold und dem Hauptdarsteller Florian Lukas online den Fragen des Moderators Jochen Coldewey und berichtete von den Drehorten in Worpswede und Bremen. Sie verfiel dabei zusammen mit den TeilnehmerInnen nicht selten in Schwärmerei über die faszinierende Figur Heinrich Vogeler. 

Bereits zu Beginn wurde die Vielschichtigkeit und Komplexität des Themas deutlich. Nach der Begrüßung durch Geschäftsführer Thomas Schäffer, stellte nordmedia-Bereichsleiter Film- und Medienförderung Jochen Coldewey die ersten Fragen. Im Gepäck: Bilder von Kunstwerken Heinrich Vogelers, zu denen Beate C. Arnold, wissenschaftliche Leiterin/Vorstand des Heinrich-Vogeler-Museum Worpswede, stets eine Geschichte zu erzählen hatte. Sie berichtete von seinen Anfängen auf dem Barkenhoff, vom Gemeinschaftsleben in der jungen Künstlerkolonie Worpswede, seinem freiwilligen Dienst im ersten Weltkrieg und wie die Kriegserlebnisse seine Kunst und sein Weltbild veränderten. Es ging um sein Wirken in der Arbeiterbewegung und seine späteren Reisen in die Sowjetunion.

Schauspieler Florian Lukas (Rolle: Heinrich Vogeler)
Schauspieler Florian Lukas (Rolle: Heinrich Vogeler)

Blickt man also auf die komplexe Person Heinrich Vogelers, so scheint dessen Besetzung im Film umso schwieriger. Für Marie Noëlle gibt es da jedoch eine klare Antwort: „Ich weiß nicht, wen ich sonst hätte finden können, außer Florian Lukas, der Heinrich Vogeler in seiner Vielfalt, Güte und Begabung so darstellen kann.“

Und auch Florian Lukas selbst musste nicht lange überlegen: „Mir wurde es als Biographie-Film vorgestellt und ich war von Beginn an begeistert. Es ist sehr interessant, die Geschichte eines Künstlers und des Mannes dahinter zu erzählen, der Zeit seines Lebens auf der Suche war“. Die Einarbeitung in die Rolle sei dabei zu Beginn jedoch alles andere als leicht gewesen: „Ich wusste am Anfang auch noch gar nichts von der Person und habe einen Berg von Büchern über ihn bekommen“, berichtet der Schauspieler.

Gruppenfoto des talk & stream Bremen 2020
Gruppenfoto des talk & stream Bremen 2020

Nach und nach habe er die Rolle dann allerdings kennengelernt und schließlich auch sich selbst in Heinrich Vogeler wiedergefunden: „Seine beständige Unzufriedenheit mit sich selbst, sein Bedürfnis nach Anerkennung, nach Liebe und sein Antrieb kommen mir bekannt vor“, erzählt er. Mittlerweile ist auch er begeistert von der Person: „Es ist sehr bewundernswert, dass er sein Leben mit 40 nochmal richtungsweisend geändert hat“ und fügt mit einem Lachen hinzu: „Vielleicht ist es auch meiner Ungebildetheit geschuldet, aber ich glaube, Heinrich Vogeler ist im zwanzigsten Jahrhundert so als Künstler und Person einzigartig“.

Einzigartig. Das beschreibt Heinrich Vogeler gut. Am Ende des talk & streams Bremen 2020 ist dieser Punkt deutlich geworden. Und doch: viel von Heinrich Vogeler bleibt weiterhin ungreifbar und verborgen. Denn um den Künstler vollends verstehen und durchschauen zu können, bedarf es mehr als den Austausch und das Gespräch. Es bedarf Bilder, gedreht an echten Wirkungsstätten und gespickt mit Details, die den Facettenreichtum Heinrich Vogelers widerspiegeln. Es bedarf Bilder, die nicht nur auf dem PC-Bildschirm online gezeigt werden, sondern in voller Größe auf der Leinwand erscheinen. Es bedarf eben jener Bilder, die wir schon bald in „HEINRICH VOGELER - THE ARTIST IS GONE“ im Kino sehen werden.