nordmedia Talk Hannover Special CeBIT 2006

"Wie gefährlich sind Computerspiele?"

Wie gefährlich sind Computerspiele? Dieses Thema, spätestens seit der Aufnahme des Begriffs „Killerspiele“ in den Koalitionsvertrag hochaktuell, wurde auf der CeBIT 2006 beim „nordmedia Talk Hannover Special“ von Experten aus Politik, Wirtschaft, Journalismus und Wissenschaft diskutiert.
Gäste: Monika Griefahn, Dr. Eva Möllring, Dr. Wolfgang Bergmann, Dr. Rainer Fromm, Thomas Schäffer, Olaf Wolters
Moderation: Eiko Wachholz

Monika Griefahn
Monika Griefahn

Monika Griefahn, Bundestagsmitglied und Sprecherin der SPD Fraktion im Ausschuss für Kultur und Medien, fordert zunächst eine klare Definition von „Killerspielen“. Sie vertritt die Ansicht, dass seitens der Eltern Pflicht zur Information über Spielgewohnheiten ihrer Kinder bestehen sollte. Dieses dürfe allerdings nicht darauf hinauslaufen, Kinder nur noch unter Aufsicht von Erwachsenen spielen zu lassen. Des Weiteren plädiert Griefahn für eine Anerkennung des kulturellen Wertes von Computerspielen und regt zu einer sachlichen Debatte über die bislang aus pädagogischer Sicht umstrittene Freizeitbeschäftigung an.

Dr. Wolfgang Bergmann
Dr. Wolfgang Bergmann

Dr. Wolfgang Bergmann sieht die Diskussion um die so genannten „Killerspiele“ ebenfalls von einem hohen Maß an Unsachlichkeit geprägt. Der profilierte Kinder- und Familienpädagoge wendet PC- und Video-Games zur Therapie hyperaktiver Kinder mit an. So berichtet Bergmann unter anderem von gesteigerter Konzentrationsfähigkeit hyperaktiver Kinder beim Computer spielen: Durch den Einsatz dieser Medien seien Kinder in der Lage, spielerisch und ohne Druck zu lernen. Alarmiert von sich häufenden Fällen sozialer Abkapselung betrachtet Bergmann dagegen die Spielsuchtprävention bei jungen Konsumenten als Herausforderung und fordert hier ein stärkeres Problembewusstsein.

Dr. Eva Möllring
Dr. Eva Möllring

Auch aufgrund dieser Entwicklung spricht sich Dr. Eva Möllring, Bundestagsabgeordnete, Mitglied im Landesfachausschuss „Medien und e-communication“ der CDU in Niedersachsen und Anwältin für Familienrecht, für eine generelle Begleitung von Kindern beim Umgang mit Computerspielen durch die Eltern aus. Wichtig sei, Kindern die Möglichkeit zu geben, das in den virtuellen Welten erlebte zu verarbeiten und ihren Interessen Gehör zu schenken. Eine altersangepasste Freigabe von PC- und Video-Games hält Möllring für sinnvoll.

Thomas Schäffer
Thomas Schäffer

Thomas Schäffer, nordmedia Geschäftsführer, sieht mögliche Gefahren von Computerspielen vor allem im sozialen Umfeld begründet. Grundlegend für die Reaktion eines Konsumenten auf ein Spiel sei das Milieu, in dem sich der Rezipient befindet. In diesem Sinne sieht Schäffer ebenfalls die Eltern in der Verantwortung. Im Zusammenhang mit der Unterstützung von Games-Development durch nordmedia macht Schäffer darüber hinaus deutlich, dass seitens der Vergabe von Fördermitteln bestimmte qualitative und ethische Voraussetzungen ausschlaggebend seien. Entsprechend würden hier auch Versuche zur Regulierung von problematischen Inhalten unternommen.

Olaf Wolters
Olaf Wolters

Wie Olaf Wolters, Geschäftsführer des Bundes der Interaktiven Unterhaltungssoftware e.V. in Deutschland (BIU), herausstellt, verfügt hier auch die Industrie mit der USK über ein kompetentes Kontrollgremium. Er ist allerdings der Ansicht, dass Gewaltdarstellungen in Computerspielen nicht zwangsläufig einen Effekt auf die generelle Wahrnehmung von Gewalt seitens der Nutzer haben müssen. Um dennoch die Auseinandersetzung mit eventuell problematischen Inhalten voranzutreiben, plädiert Wolters für ein Forum, in dem sich Kritiker und Befürworter von PC- und Video-Spielen konstruktiv um Lösungsmöglichkeiten bemühen. Des Weiteren fordert er die Anerkennung von Games als interaktives Unterhaltungsmedium für alle Altersgruppen mit einem auf die Altersstufe abgestimmten Inhalt. Insgesamt, so Wolters, sei eine Distanzierung von der allgemeinen Problematisierung von Computerspielen und stattdessen deren Akzeptanz als Teil der Jugendkultur überfällig.

Dr. Rainer Fromm
Dr. Rainer Fromm

Der Filmemacher und Journalist Dr. Rainer Fromm, der u.a. Forschung zu rechtsradikalen Inhalten im Internet betrieben hat, wirft der Unterhaltungs-softwareindustrie dagegen massive Versäumnisse im Bereich der Altersfreigabe vor. So seien Spiele, die mit Slogans wie „Knochen sind zum Brechen da“ beworben werden, oftmals schon für Jugendliche unter 16 Jahren erwerbbar. Gewaltverherrlichende Spiele, in deren Werbeanzeigen oftmals auch Kriegsereignisse der jüngeren Vergangenheit glorifiziert bzw. verharmlost werden, müssten, so Fromm, einem generellen Verbot unterliegen. Insgesamt sei eine differenzierte und umfangreiche Beurteilung von Computerspielen unabdingbar: Games wie „Counterstrike“ würden zwar seiner Ansicht nach zum Teil Gewalt abbilden, animierten Spieler aber andererseits zum Teamplay und strategischer Zusammenarbeit. Auch Fromm fordert verstärkte Aufmerksamkeit seitens der Eltern gegenüber dem Spiele-Konsum ihrer Kinder und sieht entsprechend in der Vermittlung von Kompetenz in der Mediennutzung einen wichtigen Erziehungsauftrag.