Starke Filme aus Skandinavien und Deutschland beim 36. Europäischen Filmfestival Göttingen

- Publikumspreis Göttinger Liesel für "Alki Alki"

Axel Ranisch
Axel Ranisch

Zufriedene Gesichter bei Organisatoren wie Zuschauern: Das Europäische Filmfestival Göttingen (20. - 29.11.2015) hat auch im 36. Jahr seines Bestehens traditionsreich wie lebendig unter Beweis gestellt, dass es aus der niedersächsischen Festivallandschaft nicht wegzudenken ist. Das Festival präsentierte sich mit erweitertem Filmangebot (auch vormittags für Schulen) in unterschiedlichen Sektionen und in drei Spielstätten: im „Lumiere“ und in dem zum Kinosaal umgerüsteten „Alfred-Hessel-Saal“ im Gebäude der Alten Universitätsbibliothek im Zentrum der Stadt sowie mit einer Sondervorführung im Clubkino des Studentenwerks. Bei den Publikumsabstimmungen, an denen sich die Zuschauer diesmal außergewöhnlich rege beteiligten, setzte sich die schräge Tragikomödie ALKI ALKI von Axel Ranisch gegen harte Konkurrenz durch und gewann verdient den Publikumspreis des Festivals, das Göttinger Liesel.


Schwerpunkt Skandinavien

In beeindruckend starker Form zeigte sich das aktuelle Kino aus Skandinavien, diesjähriger Länderschwerpunkt des Festivals mit insgesamt 18 Filmen. Skandinavische Filmemacher sind ganz nah an den Menschen, von denen sie erzählen, sie haben einen ebenso wachen wie warmherzigen Blick für Außenseiter, für am Rand der Gesellschaft Stehende, für Charaktere, die den herrschenden Erwartungen und Normen nicht entsprechenden. Gerade diese Menschen werden oft zu überraschenden Protagonisten und Helden der Filme. Hinzu tritt der eigenwillige skandinavische Humor, und die Verbindung von tragischen und komischen Elementen ergibt im besten Fall eine fast unwiderstehliche Mischung.

Gunnar Vikene
Gunnar Vikene

Alle diese Qualitäten vereinigt auf exemplarische Weise der Eröffnungsfilm des Festivals HIER IST HAROLD! aus Norwegen über einen durch IKEA ruinierten Möbelhändler, der sich aufmacht, aus Rache den IKEA-Gründer Ingvar Kamprad zu entführen. Im ausverkauften Lumiere-Saal war Regisseur Gunnar Vikene persönlich anwesend, freute sich über den kräftigen Applaus und beantwortete viele Zuschauerfragen. Aus Schweden war Filmemacher Anders Rune angereist zur Deutschland-Premiere seines unabhängig produzierten Debutfilms AEROBICS - A LOVE STORY, der bei den Göttinger Zuschauern ebenfalls hervorragend ankam und in der Abstimmung um den Publikumspreis den Sieg nur knapp verfehlte. Weitere bemerkenswerte Filme aus Skandinavien waren etwa Klassentreffen und Stockholm Stories aus Schweden, Beatles und Die Optimistinnen aus Norwegen, Limbo und Sumé-Sound of a Revolution aus Dänemark oder Virgin Mountain und Sture Böcke aus Island.

Gianni Di Gregorio
Gianni Di Gregorio

Die weiteren Festivalsektionen

Aus Italien, dem traditionsgemäß eine eigene Filmreihe „Cinema Italia“ mit fünf aktuellen Produktionen gewidmet war, kam Multitalent Gianni Di Gregorio nach Göttingen, um als Regisseur, Autor und Hauptdarsteller in einer Person seinen neuen Film BUONI A NULLA/PECHVÖGEL zu präsentieren. Mit viel Charme und Witz gewann Di Gregorio im Nu die Herzen der Besucher. In der Reihe „Europäische Premieren“ gab es hochkarätige Previews aus Frankreich wie den Cannes-Gewinner DHEEPAN oder die Komödie AUF ZU NEUEN UFERN, aus Belgien den internationalen Festivalhit DAS BRANDNEUE TESTAMENT, aus Großbritannien einen ungewöhnlichen Blick auf Kultdetektiv Sherlock Holmes in MR. HOLMES. Aber auch kleinere Filmländer wie Griechenland mit Riverbanks, Irland mit YOU ’RE UGLY, TOO oder Rumänien mit CHUCK NORRIS UND DER KOMMUNISMUS waren vertreten.  

Besondere Mühe hatte sich das Festivalteam mit der Auswahl der vier Produktionen in der Reihe „Junges deutsches Kino“ gegeben. Kultregisseur Axel Ranisch, schon mehrfach im Lumiere zu Gast, ließ es sich nicht nehmen, auch seinen neuen Film ALKI, ALKI persönlich vorzustellen, der ein ernstes Thema wie Alkoholsucht auf verblüffend andersartige Weise behandelt. Wie schon erwähnt, trug ALKI, ALKI dann auch den Publikumspreis davon. Jonas Grosch kam mit seinem unterhaltsamen Roadmovie BESTE FREUNDE zum Festival, und auch die französisch angehauchte Komödie IM SOMMER WOHNT ER UNTEN von Tom Sommerlatte und der Dokumentarfilm DAS GOLDDORF von Carolin Genreith über das schwierige Zusammenleben von Eingesessene und Flüchtlingen in einem kleinen Dorf im Chiemgau erwiesen sich als echte Festivalhits.

Fotos: Fabian Fess

Weitere Informationen: www.filmfest-goettingen.de